Liebe Rieher und Homepage-Gäste,
seit ich die Homepage von Riehe und ihre besondere Vorliebe zu Geschichte und Folklore entdeckt habe, kam mir immer wieder der Gedanke, dass ich vielleicht etwas hinzufügen könnte. Seit fast 18 Jahren wohne ich nicht mehr in Riehe, aber selbst als ich in Berlin mit 19 Jahren angefangen habe, Archäologie zu studieren, bin ich von meiner Heimat nicht ganz losgekommen und habe mir immer wieder Referatsthemen mit dem Schwerpunkt "Norddeutschland" oder "Niedersachsen" gewählt. Einmal hatte ich besonderes Glück als wir die Späte Bronze und Frühe Eisenzeit besprochen haben, denn einer der zu bearbeiteten Hortfunde war der "Hortfund von Barsinghausen" ein besonders wichtiger Fund auch, wenn er vielleicht nicht danach aussieht!
Vorweg vielleicht einige Erklärungen, damit Ihr Euch nicht durch das Archäologenkuddelmuddel hindurchwuseln müsst: Ein Hortfund, oder auch "Depotfund" ist der archäologische Begriff für Gegenstände, meistens aus Metall (vorwiegend Bronze, wenig Eisen), die zusammen in der Erde gefunden werden. Diese Gegenstände sind häufig Waffen (Äxte, Beile, Lanzenspitzen oder auch Schwerter(fragmente)); es kann sich aber auch um Schmuck handeln Arm- oder Halsreife oder aber Gefäße.
Hortfunde werden meist nicht von Archäologen, sondern von Bauern beim Bestellen ihrer Felder oder von Wanderern im Gebirge entdeckt. Man kann Hortfunde nicht wirklich suchen und ausgraben wie ein Gräberfeld oder eine Siedlung bei diesen Funden sind die Archäologen auf die aktive Mithilfe der Bevölkerung angewiesen, da diese Horte meist nicht in Siedlungen oder Gräberfeldern verborgen wurden, sondern in einem gewissen Abstand dazu zu finden sind.
Das "Horten" von Metallgegenständen war besonders am Ende der Bronzezeit (1000-800 v. Chr.) verbreitet, aber gehortet wurde auch schon in der Früh- und Mittelbronzezeit.
In der Frühen Eisenzeit hörte das Horten von Metallgegenständen auf und der Hortfund von Barsinghausen ist mit großer Wahrscheinlichkeit einer der letzten Hortfunde überhaupt. Hier finden wir Bronze- und Eisenartefakte in einem Hort, was sehr selten ist!
Warum "gehortet" wurde ist eine der größten Debatten der Archäologen und man wird sicherlich nicht so schnell eine Lösung für das Problem finden. Viele Archäologen glauben, dass die in der Erde vergrabenen "Schätze" Gaben an die Götter waren, und, dass man sie deshalb nicht mehr hervorgeholt hat. Andere Wissenschaftler denken, dass es Metallhandwerkerhorte waren, da man oft auch Erze und Werkzeug für Metallarbeiten in ihnen findet. Möglich ist auch vor allem für Horte, die Schmuck enthalten, dass man seinen Besitz in "Notzeiten" an einem geheimen Ort vergraben hat, damit niemand anders die Bronzegegenstände finden und stehlen konnte. Da stellt sich natürlich die Frage, warum diese "Besitztümer" nicht wiedergeholt wurden. Vielleicht ist der Besitzer umgekommen oder, es war ihm aus einem anderen Grunde unmöglich, "seinen Schatz" wieder zu bergen wer weisß?
Der Hortfund von Barsinghausen Beschreibung: Fundort: Fundumstände: Zeitstellung: Verbleib: |
Der Hortfund von Barsinghausen ist deshalb so interessant und wichtig, weil er den Übergang von Bronze- zu Eisenzeit so gut darstellt. Bronze war zu jener Zeit ein Werkstoff, der seit Jahrhunderten bereits in Gebrauch und Umlauf war. Man verarbeitete Bronze zu Beilen, Lanzen, Schwertern, Dolchen und Schmuckgegenständen wie Arm- und Halsreifen, Nadeln und Perlen. Zum Ende der Bronzezeit hatten die Metallhandwerker einen Wissenstand erreicht, der es ihnen ermöglichte, Gold und Bronze zu Kesseln oder auch millimeterdünnen Bronzeartefakten zu verarbeiten. Bronze wurde gegossen und getrieben und es war ein vergleichsweise weiches Metall, besonders wenn man der Legierung noch Blei hinzufügte.
Das neu Metall, Eisen, war wesentlich härter und schwieriger zu verarbeiten und es gibt nur wenige Hortfunde, die den Umgang mit dem neun Metall so gut verdeutlichen, wie der Hortfund von Barsinghausen, besonders auch deswegen, weil das "Horten" von Metallen sich dem Ende neigte.
Im Hortfund von Barsinghausen finden sich drei typische spätbronzezeitliche Tüllenbeile und ihre Gegenstücke in Eisen, ebenso wie ein schwerer bronzener "Wendelring" und sein eisernes Gegenstück. Die Tüllenbeile wurden gegossen, während die eisernen Tüllenbeile geschmiedet werden mussten, da man Eisen nicht in der gleichen Weise gießen konnte wie Bronze. Der bronzene "echte" Wendelring ist ein Meisterstück seiner Art: die Kanten mussten gehämmert und der Ring "in sich gedreht" werden, um die Wendel herzustellen. Die Richtung wurde viermal geändert. Der "falsche Wendelring" aus Eisen ist deshalb "falsch", weil nicht der Ring gedreht wurde, sondern die Linien nur eingeritzt, so dass es aussähe, als ob es ein Wendelring wäre. Wahrscheinlich wäre es sehr viel komplizierter gewesen, eine echten Wendelring aus Eisen herzustellen, das man Eisen eben schmieden musste, und als Material sehr viel härter zu bearbeiten ist, als Bronze.
Warum der Hort sich an jener Stelle auf dem St Annenpfad befand und worum es sich bei dem Hort handelt, ist unmöglich zu sagen. Es scheint wahrscheinlich, dass ein Schmied seinen Besitz dort verborgen hat seine "ersten Versuche" mit dem neun Material Eisen.
Dorothee Bruns (ehem. Jägerstube Riehe)
Quellen:
Jacob-Friesen, G. Einführung in Niedersachsens Urgeschichte. III. Teil: Eisenzeit. Hildesheim 1974
Wegner, G. (Hrsg.). Leben-Glauben-Sterben: Bronzezeit in
Niedersachsen.
Eine niedersächsische Ausstellung zur Bronzezeit. Oldenburg 1996.
Hässler, H.-J.. Ur- und Frühgeschichte in Niedersachsen. Stuttgart 1991.