Das niederdeutsche Hallenhaus

 

Im schaumburger Bereich, und somit auch in Riehe, ist das Verbreitungsgebiet eines Bauernhauses,
das in der Vergangenheit als "Niedersachsenhaus",
oder richtiger als "niederdeutsches Hallenhaus" bezeichnet wurde.

Der Funktion nach ist es als sog. Einhaus anzusprechen,
das die Hauptaufgabe des bäuerlichen Lebens und Wirtschaftens unter einem Dach vereinigt:

nämlich das Wohnen,
das Viehaufstallen,
das Erntebergen
und die wichtigsten Binnenarbeiten.

Das Wesen dieses niederdeutschen Hallenhauses aber ist seine freie, hallenhafte Raumweite.
Die Halle stellt dem Bauern und der Bäuerin die Aufgabe,
über Menschen, Tiere und Dinge ständig Aufsicht zu führen.

Beurteilen wir dieses Haus nach der Konstruktion, so muß man es als Zwei-, Drei- oder Vierständerbau
oder allgemein als "Gerüstbau" bezeichnen,
da seine Eigenart darin besteht, daß ein hohes Dach (als Zweiständerbau) nicht von den Außenwänden,
sondern von einem inneren Gerüst getragen wird, das gleichzeitig auch die Last der Ernte aufnimmt.

 

Beschreibung eines niederdeutschen Hallenhauses,
aus dem Jahre 1778 von Justus Möser:

"Die Häuser des Landmanns im Osnabrückischen sind in ihrem Plan die Besten. ...
Der Herd ist fast in der Mitte des Hauses, und so angelegt, daß die Frau, welche bei demselben sitzt zu gleicher Zeit alles übersehen kann. Ein so großer und bequemer Gesichtspunkt ist in keiner anderen Art von Gebäuden. Ohne von ihrem Stuhl aufzustehen, übersieht die Wirtin zu gleicher Zeit drei Türen, dankt denen die hereinkommen, heißt solche bei sich niedersetzten, behält ihre Kinder und Gesinde, ihre Pferde und Kühe im Auge, hütet Keller,, Boden und Kammer, spinnet immerfort und kocht dabei.

Ihre Schlafstelle ist hinter diesem Feuer, und sie behält aus derselben eben diese große Aussicht, sieht ihr Gesinde zur Arbeit aufstehen und sich niederlegen, das Feuer anbrennen und verlöschen, und alle Türen auf- und zugehen, hört ihr Vieh fressen, die Weberin schlagen und beobachtet wiederum Keller, Boden und Kammer. ...

Der Platz bei dem Herde ist der Schönste unter allen.
Und wer den Herd der Feuersgefahr halber von der Aussicht auf die Deele absondert, beraubt sich unendlicher Vorteile. Er kann sodann nicht sehen, was der Knecht schneidet und die Magd füttert. Er hört die Stimme seines Viehes nicht mehr, die Einfahrt wird ein Schleichloch des Gesindes, seine ganze Aussicht vom Stuhle hinterm Rade am Feuer geht verloren, und wer vollends seine Pferde in einem besonderen Stalle, seine Kühe in einem anderen, und seine Schweine im dritten hat und in einem eigenem Gebäude drischt, der hat zehnmal so viele Wände und Dächer zu unterhalten und muß den ganzen Tag mit Besichtigen und Aufsichthaben zubringen.

Ein ringsumher niedriges Strohdach schützt hier die allzeit schwachen Wände, hält den Lehm trocken, wärmt das Haus und Vieh, und wird mit leichter Mühe von dem Wirte selbst gebessert. Ein großes Vordach schütz das Haus nach Westen und deckt zugleich die Schweinekoben; und um endlich nichts zu verlieren, der Mistpfuhl vor der Ausfahrt, wo angespannet wird.
Kein Vitrus (römischer Baumeister) ist im Stande mehrere Vorteile zu vereinigen."

 

 

 

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